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Fortbildung des Netzwerkes ‚Contact 2103’
zum Thema Interkulturalität in
Buzau, Rumänien
vom 21.-28. November 2008

EIN TAGEBUCH
Georg Kesting

Vorbereitung im November: Unsere Gruppe besteht aus drei Personen: Ein Studierender und ein Lehrer des BKE (Jan Hammer u. Georg Kesting), eine Vertreterin des Don Bosco Jugendzentrums (Michaela Comsa). Sie ist Rumänin, die ein freiwilliges soziales Jahr in Köln verbringt.

Rumänien, noch immer ein exotisches Land, obwohl es der europäischen Gemeinschaft angehört. Buzau, ein regionales Zentrum am Rande der Karpaten mit etwa 150 000 Einwohnern, von denen etwa 20 000 im europäischen Ausland eine Arbeit gefunden haben, ist unser Ziel. Wir bereiten eine Präsentation vor: Deutschland. Das Berufskolleg Ehrenfeld. Unsere Aufgabe ist es, unsere Herkunftsregion mit Spezialitäten, Musik sowie einem Tanz vorzustellen.

Was ist typisch? Was ist für Jugendliche in Deutschland eine Spezialität? Was essen sie in Köln, wenn sie abends zusammen sitzen: Chips, ist die img_00943Antwort oder Pizza, Döner, Fritten. Typische Musik in Köln? Da sind wir schnell fündig: De Black Föössund de Höhner. Auf der Bühne tanzen die Tanzmariechen, aber was ist ein deutscher Tanz? Sollen wir den Buuredanz aufführen? Wie geht das? Wir müssen zu einer Lösung kommen: Zu den Black Föös kann man schunkeln, das werden wir noch hinbekommen. Bald ist Advent: Lebkuchen ist sicher typisch, der Weckmann, wir werden sehen. Hans Riegel aus Bonn stellt Gummibärchen her, auch die sind aus dem Rheinland. Blutwurst auf die Reise mitzunehmen, ist uns zu gewagt. Kölsch oder „Rebellenblut“, den Brombeerwein aus dem Vorgebirge, bekommen wir sicher nicht durch die Kontrollen: „Sollen wir nicht Pumpernickel kaufen?“ Das ist exotisch. Pumpernickelmit Käse werden wir anbieten. Der Förderverein spendiert außerdem einige Kölschgläser, Flaschenöffner, Taschen mit BKE-Emblem, die Festschrift zur 100-Jahrfeier, die Dokumentation der internationalen Arbeit. Es kann losgehen.

 

Freitag / Vineri 21. November 2008: Von Köln nach Buzau

Aufstehen um 3.45 Uhr. Flughafen Köln-Bonn 5.00 Uhr. Abflug 6.45 nach Schiphol, Amsterdam. Wetterumschwung ist angekündigt, wir rumpeln mit dem Cityhopper durch Wolkenfelder Richtung Holland, umkreisen Amsterdam mehrmals, denn der Flughafen ist überlastet. Unter uns eine veAnflug auf Bukarestrletzliche Landschaft, von Wasseradern durchzogen.

Etwas Zeit bleibt noch. Zeit für eine Zigarette muss sein: Gebäude G, weit weg bietet den einzigen Ort zur Entlastung von Rauchern, eine Art Gartenhäuschen mit Ventilator, je vier Personen werden eingelassen. Wo bleibt der Menschenrechtsbeauftragte?

16 Flugzeuge warten vor uns auf der Piste. Kann man die Rumänen unter den Wartenden erkennen? Von Frau Weger erfahren wir über SMS, dass in Bukarest ein Kleinbus auf uns wartet. Mit einer Stunde Verspätung sind wir endlich in der Luft. Zeit für ein Nickerchen. Unter uns das Wolkenbett. Wir stellen die Uhren eine Stunde vor. Gegen 15.00 Uhr steuern wir Bukarest an und sehen Felder mit fetten schwarzen Böden, Flüsse, die sich einen natürlichen Weg suchen und das alte Flussbett als See zurückgelassen haben.

Erste Eindrücke: Touch down.  Passkontrolle. Eine Reisetasche lässt sich Zeit, dann treten wir nach draußen und sehen schon das angekündigte Schild: European Seminar Buzau. Die vor uns gelandeten Belgier nehmen uns in Empfang. Im Kleinbus nach Buzau. Die Vierspurige Piste ist überfüllt. Am Straßenrand Blumenverkäufer, ein Trauerzug mit Kränzen und Popen behauptet seinen Platz gegenüber den Autos. Verstaubte Häuser mit Weinreben im Garten ducken sich rechts und links der Straße. Auf den Feldern einer unendlich erscheinenden Ebene Pferdewagen, gegenüber ein Kraftwerk und eine Raffinerie, die schwarze Wolken ausstößt. Kirchen der rumänisch-orthodoxen Kirche tauchen auf, manche mit überdimensionierten Kreuzen auf den Zwiebeltürmen. Die Karpaten begleiten uns links von der Straße.

Casa Tineretului, Buzau

Casa Tineretului. Vierspurig führt die Straße nach Buzao hinein. Wir halten vor der Casa Tineretului, dem Jugendhaus in dem Tolea Postovei arbeitet und uns mit seiner Frau Catalina erwartet. Wir sind da, beziehen Zimmer. Mittlerweile sind auch die Spanier und Franzosen eingetroffen, die Estländer werden mitten in der Nacht erwartet. Jetzt kann ich ein wenig Schlaf nachholen. Zum Abendbrot gibt es rumänische Polenta. Das Englische wird nun zu der Sprache, die uns verbinden wird. Jetzt sind wir eingeladen zum zweitägigen Bluzàu,  Blues, Jazz & Altceva Festival, das Tolea organisiert hat. Hier geht es gar nicht mehr so exotisch zu. Jugendliche bilden offensichtlich eine eigene Nation. Man trinkt Ursus-Bier und Becks. Ich sehe keine Betrunkenen, keine Konflikte, höre kein Grölen, keine breitspurigen Sprüche, wie mir Rumänen bestätigen.

 

Simbata 22. Noiembrie 2008: Was heißt Interkulturalität?

Schmuddelwetter, typisch für diese Zeit, auch in Rumänien. Ich erkundige ein wenig die Gegend. Das Sporthotel, in dem wir untergebracht sind, und Jugendzentrum bilden eine Einheit. Früher war es Unterkunft der kommunistischen Jugend. Mosaiken geben davon noch Zeugnis. Neben dem Zentrum ein img_0083Schwimmbad, dahinter ein Park mit See. Gegenüber siebenstöckige Wohnhäuser. Überall streunende Hunde. Geht man in das Zentrum wechseln Hochhäuser mit einstöckigen Wohnhäuschen ab. Umrahmt von Rohren ein idyllischer Blumenstand. In einer Seitenstraße eine überdimensionierte Kirche der Adventisten. Über den Dächern die Kuppeln einer orthodoxen Kirche.

Wer ist da? Die Normandie, Belgien, die Balearen, Estland, Rumänien und Deutschland. Partner sind darunter, die unsere Schüler im Praktikum begleitet haben und begeistert von der Erfahrung sind. Philippe Helson vom Brüsseler Büro erinnert daran, dass Contact 2103 kein privater Club sei, sondern offen ist für alle Interessenten. Die Türen nach Europa sind weit geöffnet.

Welche Geschichte verbindet sich mit unserem Namen? So stellen wir uns vor. Namen transportieren Kultur, Tradition, Identität. Wir erfahren etwas über Ähnlichkeiten und Unterschiede. Unsere Erwartungen und Befürchtungen werden ausgetauscht: What I want to take home? What I contribute? What do I want to avoid. p10107793

Die Themen des Tages werden konkretisiert:

 

§     Sozial enviroment

§     Interculturality

§     Live together

§     Projekts

 

 

Jede Gruppe stellt den eigenen Arbeitsbereich, den Arbeitplatz vor. Mit den Gesichtern verbinden sich konkrete Projekte. In Europa gibt es viele engagierte Menschen, ein Grund optimistisch in die Zukunft zu schauen.

Interkulturalität. Wir nähern uns in wechselnden Kleingruppen dem Bergriff Interkulturalität, grenzen ihn ab von der einer Pizza ähnelnden Multikulturalität, unterscheiden, dass man differenzieren müsse, zwischen globaler, lokaler oder individueller Ebene. Interkulturalität

 

Eingrenzung des Begriffes. Mit dem Begriff Interkulturalität (IC)verbinden wir:

Mobilität, Diversität, Neugier, Entdeckerfreude, einen aktiven Prozess des aufeinander Zugehens; Interaktion in Respekt vor der Würde des Anderen, der anders sein und bleiben darf; Selbst-Schätzung und Identität mit gleichzeitiger Offenheit im Denken, Toleranz in Verbindung mit konstruktiver Auseinandersetzung; Integration; die Notwendigkeit, den anderen zu achten; wir sehen, dass die Selbstveränderung Grenzen hat, denn unsere kulturelle Identität als Este, Franzose, Spanier möchten wir nicht in Frage stellen; allerdings sehen wir eine heilsame Veränderung durch die Begegnung mit anderen Kulturen. Interkulturalität erforderte ein Gefühl für Balance, das rechte Maß … .

Einig war ist man sich darin, dass Interkulturalität voraussetzt, dass die Verschiedenheit von img1_0036Menschen und Kulturen geachtet wird, damit man in gegenseitiger Achtung miteinander leben und voneinander lernen kann, ein gestärktes Selbstbewusstsein führt zu konstruktivem Disput.

Aus allen Bereichen der Praxisfelder der Anwesenden werden aus jeweiliger Perspektive Beispiele eingebracht, wie Menschen miteinander in Beziehung gebracht werden können. Sobald wir negative Stereotype in Frage stellen und das „Fremde“ ein individuelles Gesicht bekommt, wird aus demFremden Tolea, Katalina, Miquel, Adriana, Mihai, Oana, Urmo, Olivia, Arnek … .

Während abends das Festival weiter läuft, arbeiten wir noch an der Präsentation Deutschlands. Es wird kalt. Schnee fällt. Wetterumschwung. Das Bellen der streunenden Hunde schallt vielfach verstärkt von den umgebenden Häusern der Nachbarschaft  zurück.

 

Duminica 23. Noiembrie 2008:  Youth in action“
Ein Europa Förderprogramm und was man daraus machen kann.

Youth in action, Europaarbeit ist einer der Schwerpunkte der des Jugendzentrums in Buzau. Heute am Sonntag werden alle Projekte des letzten Jahres in einem Wettbewerb vorgestellt. Der Saal der Casa Tineretuluifüllt sich mit Jugendlichen. Vom Festival keine Spur mehr. Beamer und Stellwände sind aufgebaut. Auf den Tischen Getränke. Jugendliche sind geschäftig und bereiten Präsentationen ihrer internationaler Jugendbegegnungen vor. Zur Jury gehören wir als internationale Gäste mit dazu. Youth in action

Wir erleben aufmerksame, engagierte und europabegeisterte Jugendliche, die Lust haben etwas zu bewegen. Meine Vermutung, dass sie eher aus überdurchnittlich engagierten Elternhäusern stammen, wurde von Adriana, einer rumänischen Lehrerin, nicht bestätigt. Die anwesenden Jugendlichen kämen eher aus einfachen bis sehr einfachen Verhältnissen der Häuser um das Jugendzentrum herum. Sie wollen einmal mehr erreichen als ihre Eltern, deshalb seien sie sehr bewusst und steuerten aktiv eine berufliche Perspektive für die Zukunft an. Schweden, Belgien, Finnland, Frankreich, die Türkei … waren Orte der Begegnung. Hier trafen die Rumänen Jugendliche aus vielen europäischen Nationen: „We showed them, how beautiful Romania is.“

Noch deutlicher wurden die Jugendlichen, als sie auf die Frage antworten sollten, ob sie sich denn nach der Begegnung eher als Europäer oder als Rumäne fühlen würden:

„… I feel first as a Romanian, not first as an European, because I don’t can change my Culture. Romania is the place for us.”

Hier bestätigen die Jugendlichen, was wir am Samstag besprochen hatten: Wer seine Herkunftskultur achtet, kann auch selbstbewusst mit anderen Kulturen umgehen. Eine Patchworkpersönlichkeit ist nicht das Ideal.

Ja, alle Vorträge wurden in Englisch gehalten, manche schüchtern, andere selbstbewusst, die einen frei vorgetragen, die anderen vorgelesen, entscheidend aber war, dass manche Stereotype am Wegesrand zurück blieb, denn:

We saw not only people, we saw inside the people,“ schreibe ich mit.

Inter-Kulturalität ist bunt wie ein Regenbogen und es lohnt sich, sie aktiv zu gestalten, Sollte es einmal regnen, so höre ich auch darauf eine Antwort: „ …. rain makes the things much more interesting.“ Diese Antwort kann sicher auch im übertragenen Sinn verstanden werden.

Es ist Nachmittag. Unsere Runde ist etwas größer geworden. Einige Rumänen sind dazugekommen. Wir sitzen im Kreis:

Who I am?schreibt Tolea auf ein Plakat. Die Antwort soll kurz sein. Ein Wort möglichst.
Wir schreiben die Antwort auf einen Zettel:
„Und jetzt die zweite Frage. Hört gut zu:

Who I am?

Who I am?

6x dieselbe Frage. Die Antwort fällt immer schwerer. Spannend wird die Auswertung: Wer hat unter den ersten 3 Familienbeziehungen, die Religion, politische Einstellungen, das Geschlecht, den Beruf, die ethnische Zugehörigkeit, Gewohnheiten, Gruppenzugehörigkeit, Hobbys, ehrenamtliche Tätigkeiten, bei wem finden diese sich unter den letzen drei? Die Anzahl der Antworten wird notiert. Welche Schlüsse ziehen wir daraus? Beruf, ethnische Zugehörigkeit

Mit einem Augenzwinkern verbunden war das nächste Spiel, das die Anstrengung des Tages von uns abfallen ließ:
Wir sitzen im Kreis. Jeder/e ist an der Reihe und sagt:

I´m special, because ….(weil ich eine Schwester habe, …).

Alle, die ebenfalls eine Schwester haben, setzen sich jeweils auf das Knie des anderen. Manchmal sitzt die gesamte Gruppe Knie auf Knie. Die Reihe geht erst weiter, wenn der Fragende allein auf seinem Stuhl bleibt, er etwas gefunden hat, was special ist.

Der internationale Abend. Jedes Land bekommt einen Tisch zur Verfügung, den es mit mitgebrachten Spezialitäten gestalten soll. Unserer deutschen Gruppe fehlen noch ein paar Getränke. Wir fahren in einen Supermarkt: Der PLUS-Markt um die Ecke hat schon zu, vorbei an der Werbung für einen PRAKTIKER-Markt, einer DHL-Vertretung finden wir am PENNY-Markt einen Parkplatz. Ja, wir sind immer noch in Rumänien. Kurz hinter dem Eingang der Lebkuchen mit deutscher Beschriftung, Herzen, Printen, Dominosteine, Dresdener Stollen, Weihnachtsmänner. BECKS Bier wie im Hotel finden wir nicht. Kölsch und Rebellenblut: Fehlanzeige, also nehmen wir eine uns unbekannte in Bergen aufgetürmte deutsche Marke: Nach deutschem Reinheitsgebot gebraut. Auch für die Spanier werden wir fündig. Viele Lebensmittelpreise gleichen oft denen in Deutschland. Verdienst vieler Rumänen zwischen 100 und 400 €.

Liebevoll sind in der Casa Tineretuluidie regionalen Spezialitäten aufgebaut: Diversität macht neugierig. imgp9384Wir schlendern an den Tischen vorbei, bestaunen die Vielfalt, hören den Erzählungen der Esten, Belgier, Rumänen, Spanier, Franzosen zu. An den lebendigen Augen erkennen wir, dass alle gerne etwas von dem erzählen, was ihnen schmeckt. Unsere Weckmänner wecken die Aufmerksamkeit. PP-Präsentationen, Kurzfilme. Arnek, heute mit einer typischen Wollmütze seiner estnischen Herkunftsinsel geschmückt, präsentiert stolz zwei Jungen, die ein Volkslied seiner Insel singen. Er hat seinen Film bei you-tube eingestellt.

 

Luni 22. Noiembrie 2008: „approche sensible“

Energizer. Belgien ist verantwortlich für den Tageseinstieg. Patrick, ein französischer in Belgien arbeitender Vollblut-Theatermann setzt den Akzent. Wir stehen im Kreis. Jeder Teilnehmer durchläuft alle Phasen:

  1. Ich gehe auf eine Person im Kreis zu, schaue ihr in die Augen, ohne Worte schiebe sie sanft in eine bestimmte Richtung des Kreises und nehme ihren Platz ein. Die Person, die weggeschickt wurde, geht ihrerseits auf eine dritte Person zu etc. pp. Alle Personen müssen wenigstens einmal eine Begegnung gehabt haben.
  2. Ich gehe auf eine Person im Kreis zu, nenne meinen Namen, schaue ihr in die Augen, benenne die Augenfarbe, schiebe sie sanft in eine bestimmte Richtung des Kreises und nehme ihren Platz ein, etc.
  3. Es kommen weitere Begegnungsmöglichkeiten hinzu: Mein Name, Blick ins Auge + eine sanfte Berührung mit der Hand.
    (Je nach zur Verfügung stehender Zeit kann nun ergänzend der Name des Gegenübers genannt werden. Die Berührung kann man dann in einer weiteren Phase mit der Darstellung unterschiedlicher Emotionen verbinden.)
  4. Weiterführung: die Berührung kann jetzt vorsichtig mit einem anderen Körperteil vorgenommen werden: Knie, Schulter, Stirn.
  5. Wir bewegen uns frei im Kreis, verbinden Begegnungen mit einer Berührung.
  6. Eine letzte Anweisung kommt. Den Kreis bilden. In der Mitte soll eine Skulptur entstehen. Jeder muss mit mindestens einer Person in Berührung sein. Einzeln treten die Teilnehmer in die Mitte und treten miteinander in Beziehung.
  7. PHOTO von der Skulptur: Europe – a body for everybody.
    Variation sind möglich.

„Approche sensible.“ Mit allen Sinnen die Stadt erkunden: sehen, hören, riechen schmecken, tasten. In drei internationalen Kleingruppen, mit Aufgaben, Stadtplan und einem rumänisch sprechenden Engelversehen, gehen wir Richtung Zentrum. Drei Gruppen drei Wege. Parks, Banken, Denkmäler, Museum, Kirchen, Bäckereien, Markt, Rathaus. Manches erweckt Erinnerungen an die untergegangene DDR. Gegensätze. RathausVerfallene Häuser neben spiegelnden Neubauten. Grau angestrengte und frisch zuversichtliche Gesichter. Saubere Straßen ohne Abfall und Graffiti, Erdberge auf Gehwegen. Das älteste Kloster in Buzau ist etwa 500 Jahre alt. Wir gehen auf die Toreinfahrt zu. Fotografieren verboten. Trotzdem macht ein Torwächter ein Gruppenfoto von uns.

In den Straßen erregen wir Aufmerksamkeit. Hier scheinen nicht allzu oft Gäste aus anderen Ländern zu sein. Immer wieder begegnen uns neugierige, aufmerksame Blicke. Die Menschen sind durchgehend freundlich. Eine Marktfrau blüht auf und macht sich schnell zurecht, nachdem wir sie gebeten hatten, ein Foto von ihr machen zu dürfen.

Zur Zeit ist Regionalwahlkampf. Überall rote Plakate. Ich sehe Autos aus Bukarest, denen rot gekleidete Menschen entsteigen. Sie werden nun an den Türen klingeln, um die Wahl zugunsten der kommunistischen Partei zu beeinflussen, so erzählt später Tolea. Buzau sei noch immer eine „rote“ Stadt.

In unserer Gruppe geben die Esten das Tempo vor, wir sind schnell, nehmen uns kaum Zeit. In einer anderen sind es die Franzosen, sie schauen, tasten, riechen, hören und genießen das. Auch am Frühstückstisch sitzen zuerst die Esten. Zeigt sich hier ein kultureller Unterschied? imgp9415

In einem Kunstgewerbegeschäft mit lokalen Produkten holen wir uns einen Stempel ab. Rumänien bekommt in vielfältiger Weise ein Gesicht. Es gibt viel zu entdecken. Anders im Kaufhaus gegenüber. Globalisierte Einheitswaren, die Käufer in allen Erteilen finden würden. Dafür müsste man nicht nach Rumänien reisen.

In der Nähe Toleas Buchladen, er ist nicht nur Jugendarbeiter, auch ein wenig Geschäftsmann. Ich kaufe ein Buch über Rumänien. Pizzatime.

Zurück in der Casa Tineretului werden Bilder gesichtet und Präsentationen vorbereitet: Die deutlichsten Kontraste, die größten Gegensätze, welcher Eindruck erinnert mich an etwas zuhause, … die Ohren glühen.

Abends Präsentationen. Humor spielt eine große Rolle. Die Rumänen erleben unseren Blick auf ihr Land: „Fühlst Du dich verletzt, Tolea?“ „Nein, wir wissen von unseren Problemen.

Irgendwann spricht mich Mihai an. Er erzählt davon, dass es eine tiefe geistesgeschichtliche Verwandtschaft zwischen Rumänien und Deutschland gäbe. Der größte rumänische Philosoph stehe in der Tradition der deutschen Philosophie.

Dann wird er ernst: „Man erzählt sich, dass ihr hier oft die streunenden Hunde fotografiert. Ihr müsst wissen, Menschen leben oft nicht so gut, wie diese Hunde.“

 

Marti 23. Noiembrie 2008: „Bono´s Hat“

Mehrere Tage hat uns Florin, ein Radiomann aus Bukarest mit seinem Mikrofon begleitet. Er fragte sich z.B., ob uns nicht eine gemeinsame europäische Ursprache verbinden würde, ob die siebenBerge bei Bonn, von denen wir erzählt hatten, etwas mit Siebenbürgen zu tun haben könnten und spricht über ein im Schwarzen Meer untergegangenes Volk und die Bedeutung des Berges Ararat. Jetzt ist er wieder zurückgefahren. Wir besichtigen Toleas Bureau, das durch eine Außentreppe erreichbar ist. Mehrere KollegInnen, eine Sekretärin. Hier ist Leben. An den Wänden Ikonen, Ergebnisse einer Malwerkstatt vom Sommer mit Jugendlichen in den Karpaten. Was wäre Thema in einer Sommermalwerkstatt in Deutschland?

Energizer. Estland ist verantwortlich. Ein Ratespiel. Arnekzeichnet Bilder von Tieren an die Tafel. Wer das Tier erkennt, ahmt lautmalerisch dessen Ruf nach: Wie hört sich der Hahn in Frankreich, Deutschland, Rumänien an? Die Sprachmelodien färben den Klang der Tiere. Färben sie unser Denken?

„Bono´s Hat“: Urmo und Liliane haben ein anspruchsvolles Spiel vorbereitet. Das Thema Interkulturalität soll vertieft werden. 7 Tische. Auf Tisch sieben liegen 6 Hüte in verschiedenen Farben. Jeder Farbe ist einBono´s Hat Tisch zugeordnet. Jeder Hut steht für eine Möglichkeit des Denkens: Schwarz für Pessimismus; weiß für die klare Sammlung und Darstellung von Fakten; grün für Ideen einer praktikablen Umsetzbarkeit; rot für Gefühle; gelb für die Phantasie; blau für metakommunikative Aspekte. Hat man den Hat einer Farbe auf, darf nur in der Form geantwortet werden, wie die Regel es vorschreibt. So trainieren wir, auszusprechen, was oft unausgesprochen bleibt, klar zu werden und nicht Gefühle, Meinungen, Fakten, Stereotype miteinander zu verknäulen. Antworten auf sechs Fragen zum Thema Interkulturalität wurden auf die papierbedeckten Tische geschrieben und später ausgewertet.

Dass wir nach diesem Spiel eine Pause verdient hatten, muss ich sicher nicht erwähnen. Dann Informationen zu 2103 und EU-Programme durch Philippeaus dem Brüsseler Büro am Nachmittag.

Ein `energizer` aus Köln lockert dann die Arbeitsatmosphäre auf: Der König und seine Begleiter.

4 Eckengespräch zur Vertiefung der Frage: Was verbindet uns in einem interkulturellen Europa so, dass wir bei Konflikten einen gemeinsamen Punkt haben, auf denen wir uns beziehen können. Was sind die verbindenden Werte? In diesem Spiel muss man sich dem Problem der eigenen Identität ‚stellen’, im wörtlichen Sinne Position beziehen. Über 4 Phasen hinweg machen die Teilnehmer deutlich, welche Position sie zu bestimmten Fragen einnehmen. Die Teilnehmer werden in ihren Eigenarten ein wenig transparenter. In der Schlussphase schreibt jeder auf ein in der Mitte ausliegendes Flipchartpapier die ‚goldene Regel’, an der er sein eigenes Verhalten orientiert. Den Rahmen des Spieles hatte ich bei einer anderen Gelegenheit kennen gelernt und auf das Thema Interkulturalität zugeschnitten. In abendlichen Gesprächen ist es dann verfeinert worden, so dass es in interkulturellen Zusammenarbeit entwickelt worden und ein Ergebnis der Begegnung in Buzau ist. Musiker und Tolea

Rumänischer Abend. Wir sollen nicht allzu viel wissen, uns einfach überraschen lassen. Unser Liebligsstraßenhund, der sich langsam zum Maskottchen entwickelt, hat sich schon eingefunden, legt die Pfoten zusammen und bettelt erfolgreich. Der Grill wird angeworfen, es beginnt zu duften, im Saal vor dem Arbeitsraum ist eine festliche Tafel gedeckt. Man erinnert sich an Bewegungsspiele. Die Esten singen ein Lied über Tiere, die mit ihren typischen Eigenschaften vorgestellt werden, plötzlich fallen die Franzosen in das Lied ein: Das kennen wir auch. Kommen denn dieselben Tiere vor? Wir steuern die ‚Laurenzia’ bei.

Ein rumänischer Geiger machte sich zusammen mit einem Akkordeonspieler für seinen Auftritt fertig. Bald flog der Bogen über die Seiten, ließ rumänische Melodien in katalanische Melodien, französische Chansons, Walzer und Polka hinüber gleiten. Bis zu diesem Zeitpunkt haben wir nicht gewusst, dass Catherine aus der Normandie, so gut singen kann, die Spanier den perfekten Stierkampf beherrschen. Walzer und Polka erklingen, das Stichwort Germanylässt uns aufhorchen. Michaela und ich tragen unseren Teil dazu bei, dass Deutschland, nein dass Deutschland undRumänien angemessen vertreten sind und tanzen.

Die Musiker lehren uns: Wir brauchen Stereotypen als Wegmarken, um uns zurecht zu finden. Stereotypen können Beziehungen betonieren, aber sie können ebenso zu einer Leichtigkeit führen, indem besondere Eigenarten aufs Korn genommen und mit Humor verbunden dazu führen, über sich selbst lachen zu können. Es wird ein lebendiger, ja ausgelassener Abend.

 

Miercuri 24. Noiembrie 2008: Die Karpaten

Wie so oft sitze ich morgens vor dem Frühstück an der Rezeption und schreibe an diesem Tagebuch. Radio und Fernsehen laufen gleichzeitig. Im dem Hotel zugehörenden Pub laufen abends sogar 3 Fernseher, in dem unsrem Arbeitsraum vorgelagerten Saal mit Theke ein Gerät, ununterbrochen Sport, Comedy, Nachrichten, Musik. Die Geräuschkulisse internationalen Klangmülls begleitet uns an vielen Orten. Kein Vergleich zu dem, was wir am Dienstagabend erfahren haben. Lebensfreude, die sich aus Lust an der Vielfalt entwickelt hat.

Kommerz verbindet alle Erteile miteinander und sucht nach dem kleinsten gemeinsamen Nenner. Die Musik, die sich überall verkaufen lässt, wirft die größten Gewinne ab. Das Geld, der kleinste gemeinsame Nenner, der Menschen unterschiedlicher Kulturen miteinander verbindet? Skulpturenpark

Es ist trüb, Nieselwetter. Wir lassen uns nicht verdrießen. Heute wollen uns die Rumänen zeigen, wie schön Rumänien ist. Regen macht Dinge interessanter, haben wir von den Jugendlichen gelernt.

Wir fahren in die Karpaten hinein zu den Schlammvulkanenvon Berca.Wir sehen kleine Vulkanschlote, wie ich sie vom kleinen Prinzenher kenne. Der Untergrund ist unsicher, besonders, wenn Regen den schlammigen Boden aufgeweicht hat. Nur ein Blick aus der Ferne ist erlaubt.

Über kurvenreiche Straßen windet sich die Straße den Berg hinauf. Nicht für jeden eine angenehme Erfahrung. Aus dem Nebel taucht ein riesiges Feld von Steinskulpturen auf: „Unser Stonehenge“, sagt Tolea trocken, nur nicht ganz so alt.“ Ein Gebiet mit hunderten von Skulpturen, die über Jahre von den bekanntesten rumänischen Künstlern geschaffen worden ist. Wir werden hier spazieren gehen und das Das KosterManastirea Ciolanubesuchen, ein Kloster aus dem 15. Jahrhundert. Spiritualitätist den Rumänen wichtig. Gehen Rumänen an einer Kirche vorbei, schlagen sie ein Kreuzzeichen.

Der Nebel lässt, was wir sehen, seltsam unwirklich erscheinen. Hin und wieder überqueren wir Flüsse und passieren Dörfer, erreichen dann das staatliche Weingut Pietroasa, für das die Universität Bukarest Verantwortung trägt. Wir werden in Geheimnisse der Winzer eingeführt, machen in einem Rittersaalähnlichen Saal eine Weinprobe, kosten den Lieblingswein von Nicolae Ceauşescu kennen (Autokrat von 1965 bis 1989), den süßen Tamaioasa Romaneasca.

 

Joi 25. Noiembrie 2008: Gemeinsame Projekte anbahnen

Wir besichtigen den kleinen Lokalsender TV-Buzau. Eine Treppe hoch, dann rechts. Ein dunkler Gang. Eine feste Tür führt zum neu eingerichteten Studio, am Ende des Ganges Redaktionsbüro und Technik. Wir dürfen uns in der Pose der Nachrichtensprecherin, des Kameramanns fotografieren. Ich frage: Haben die Ferseleute über das  Blues, Jazz & Altceva Festival vom Wochenende berichtet: „Nein, aber letztes Jahr,“ sagt Tolea. Die europäischen Jugendbegegnungen, der Contest vom Sonntag, der uns so sehr beeindruckt hat, war das ein Thema?

„Nein, das interessiert die nicht,“ sagt Tolea kurz angebunden.

Energizer aus Frankreich, ein Kinderlied:

Je te tens, tu me tiens, par la barbichette.
Le premier de nous deux qui rira aura une tapette.

Wie lange kann man sich in die Augen sehen, ohne zu lachen?

Jan  leitet die Reflexion für den Vortag ein. Während des Ausflugs gesammelte Gegenstände werden in die Mitte gelegt. Wie liegen die Gegenstände zueinander? Warum wurde gerade dieser Gegenstand ausgewählt?

Der letzte gemeinsame Tag dient nun dem Blick in die Zukunft. In arbeitsteiligen Kleingruppen werden gemeinsame Projekte geplant und Absprachen getroffen. Das nächste Europaseminar, das in der zweiten Jahreshälfte 2009 stattfinden soll, wird vorbereitet. Die Arbeitsergebnisse in Form eines „Fischmarktes“ präsentiert. Nachmittags eine ausgiebige Reflexion, der Bau einer Europaskulptur aus unseren Körpern, die feierliche Ausgabe der Seminarbescheinigungen und bis in die Nacht hinein ein ausgelassenes Fest: “Europe – a body for everybody.”

 

Vineri / Freitag 26. Noiembrie 2008

 

9.30 Uhr: Abschied. Im Kleinbus zusammen mit Franzosen und Belgiern nach Bukarest. Warten auf das Flugzeug. Gemeinsames Sichten von Bildern. Wie werde ich meine Erfahrungen weiter vermitteln? Mit der KLM nach Amsterdam. Wir haben nur wenig Zeit für das Umsteigen. Dann: Flug gestrichen, das Flugzeug hat technische Probleme. 10 € für ein Essen als Trost. Vor unserer Nase machen alle Restaurants zu. Endlich ist entschieden. Zurück nach Köln geht es im Bus. Gegen 3.00 Uhr am Morgen endlich der wohlverdiente Schlaf. img_17105

 

Coordination européenne de MJC, youth clubs and youth associations, Brüssel

Contact-2103 ist ein europäisches Netzwerk von Bildungseinrichtungen (NGO), das Pädagogen aus rund 12 Ländern miteinander vernetzt, um an gemeinsamen Projekten zu arbeiten. Die Gründung 1998 geht auf eine Initiative von Jacques Pauwels und Marcel Garrigue zurück. Über Ländergrenzen hinweg verbindet alle Mitglieder die Idee von einem gemeinsamen Europa. In diesem Verbund arbeiten Organisationen zusammen, die partizipative Konzepte pädagogischer Arbeit entwickeln und umsetzen. Sie handeln auf verschiedenen Ebenen: regional, national und europäisch. Contact-2103 engagiert sich für den Austausch von Jugendlichen, Auszubildenden und Mitarbeitern, für gemeinsame Projekte, Fortbildungen und den Austausch von Ideen. Es bietet Hilfestellungen bei der Förderung durch europäische Programme etc.

Das Netzwerk ist auf transnationale Mobilität angelegt.

Das Berufskolleg Ehrenfeld arbeitet mit Contact 2103 vor allem im Bereich der Ausbildung und im Austausch von Ideen zusammen. Für uns als Berufskolleg hat das Netzwerk die Aufgabe, eine Vermittlerrolle zu den Einrichtungen zu übernehmen, die unseren Auszubildenden und Studierenden ein praktisches Lernfeld im europäischen Kontext bieten. Die Auszubildenden und Studierenden gehen zu Praktika nach Belgien, Rumänien, Estland, Italien, Frankreich … , können internationale Kontakte knüpfen, an einem Austausch teilnehmen, in Projekten mitarbeiten, an europäischen Seminaren teilnehmen.

Anläßlich der deutsch-französischen Begegnungen von angehenden Erzieher/innen (BPJEPS CEMEA Haute Normandie und Erzieher/innen/AHR BKE Köln), hat Guillaume Monnier, Ausbilder am CEMEA, einen Blog eingerichtet.

Er unterstützt die beiden Gruppen, miteinander zu kommunizieren.

Schaut mal rein.

http://bpjepsbke.canalblog.com/

Hello europe, hello world!

Liebe „Estinnen“, liebe „Italienerinnen“, liebe „Rumänin“, liebe „Rumänen“,

bald geht es endlich los, die meisten Vorbereitungen sind abgeschlossen und Sie sind sicher schon dabei, zu überlegen, wie Sie Ihr Gepäck für 4 Wochen so organisieren, dass der Flieger Sie auch ohne kräftige Zuzahlung für Übergepäck mitnimmt.

Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit, viele neue und gute Erfahrungen.

Während unserer Vorbereitung wurde von Ihnen gewünscht, ein Medium zu finden, in dem Sie während Ihres Praktikums sich austauschen können. Mir ist eingefallen, dass Ihre Kolleg/innen im letzten Auslandspraktikum spannende Blogs geschrieben haben und dieses Medium möchte ich Ihnen empfehlen.

Darum richte ich diesen Blog für uns alle ein, als ein Forum, in dem wir uns austauschen können und in dem wir alle die Möglichkeit haben, Erfahrungen, Bilder etc. zu veröffentlichen.

Herzliche Grüße

Andrea Weger